Matomo

„Der Tod ist der Horizont des Lebens,
aber der Horizont ist nur das Ende der Sicht.“

Tierbestattungen – ein kulturhistorischer Abriss

Seit einiger Zeit zeichnet sich ein Trend hin zu individuellen Tierbestattungen ab. Der Verbundenheit der Menschen zu ihren tierischen Gefährten soll würdevoll Ausdruck verliehen werden. Doch Tierbestattungen sind überhaupt kein Phänomen der Neuzeit.

Rituelle Beisetzungen von Tieren gehören nahezu seit Anbeginn der Menschheit zum Alltag – weltweit werden sie seit etwa 10 – 12.000 Jahren praktiziert. Als früheste Belege dafür gelten die Gräber von Männern und Hunden im Natufium oder auch einige Grabstätten auf Zypern. Die Bewohner der Insel hielten nicht nur Katzen als Haustiere, sondern setzten sie auch zusammen mit ihren Besitzern bei. Besonders im alten Ägypten lässt sich eine ausgeprägte Tierbestattungskultur finden: Tiere wie Katzen, Falken, Gazellen oder Krokodile, die als heilig galten, wurden aufwändig einbalsamiert und fanden so ihre letzte Ruhestätte.

Eine weitere Blütezeit der Tierbestattungen gab es im frühen Mittelalter. So haben beispielsweise die Stammesfürsten der Alemannen, Franken und Sachsen ihre Hunde oder Pferde mit ins Grab genommen. Dabei war es durchaus üblich, dass mehrere Tiere oder auch nur bestimmte Körperteile, wie der abgetrennte Kopf, mit beerdigt wurde. Überdies ließen sich auch immer wieder Einzelgräber und diverse Grabbeigaben wie zum Beispiel das Zaumzeug eines Pferdes oder ein tierischer Fressnapf finden.

Später setzten die Fürsten speziell ihren Hunden in erster Linie Monumente oder Ehrenmale. Eines der bekanntesten dürfte das Grab der Windspiele des „Alten Fritz“ am Schloss Sanssouci in Potsdam sein. Dort fanden die vielen Lieblingshunde König Friedrichs II. ihren Platz – unter jeder gesetzten Steinplatte ein Tier.

Die Neuzeit der Tierbestattungen beginnt mit der Einrichtung des „Cimetière des Chiens“ im Jahre 1899 in Paris. Seit dem Bestehen des ältesten und berühmtesten Tierfriedhofs in Europa fanden dort weit über 100.000 Tiere ihre letzte Ruhestätte. Dabei haben die wohlhabenderen Menschen nicht nur ihre Schoßhündchen begraben lassen. Es gibt neben Grabstätten für Pferde auch das Grab einer Schildkröte, eines Affen, eines Huhns, einer Zirkus-Löwin sowie große und kleine Monumente international bekannter Hunde: Unter anderem Rin Tin Tin, der berühmte Filmheld einiger Hollywoodfilme, Mémère, das vierbeinige Maskottchen der französischen Armee im Ersten Weltkrieg, oder auch der Bernhardiner und Lawinenhund Berry, der im Laufe seines Lebens mehr als 40 Menschen das Leben gerettet haben soll.

Tierische Bestattungskultur bis heute

Heute gibt es weltweit unzählige Tierfriedhöfe. In Deutschland ist das Entstehen der ersten modernen Ruhestätten für Tiere etwa auf die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert. Zunächst legten Tierheime kleinere Friedhöfe an, denen immer mehr Privatpersonen folgten, die einzelne Grabstätten für ihre Haustiere schufen. Besonders in vielen deutschen Großstädten ist solch ein letzter Ort für die tierischen Begleiter ein natürlicher Teil des Stadtbilds geworden. Mittlerweile stehen bundesweit rund 120 Friedhöfe zur Verfügung, auf denen weiterhin hauptsächlich Kleintiere ihren Grabplatz finden.

Im Jahre 1997 wurde in München das erste deutsche Tierkrematorium eröffnet. Inzwischen ist die Zahl für das gesamte Bundesgebiet zweistellig – Tendenz steigend. Auch die Branche der Tierbestatter entwickelte sich parallel dazu weiter: Etwa 180 Bestatter bieten heute diverse Dienstleistungen für die tierischen Begleiter und ihre Angehörigen an. Dabei ist die Spanne der Bestattungsarten breit und die Möglichkeiten entsprechen weitgehend denen, die für Menschen angeboten werden.

Wenn man von natürlich verendeten Tieren einmal absieht, wird eine große Zahl der Haus- und Nutztiere von einem Tierarzt eingeschläfert. Aus hygienischen Gründen ist die „Entsorgung“ von toten Tieren und Tierfleisch in speziellen Tierkörperverwertungsanstalten (früher und im Volksmund sogenannte Abdeckereien) gesetzlich vorgeschrieben. Doch weil Heimtiere für die meisten Menschen längst vollwertige „Sozialpartner“ sind, wünschen sich Tierbesitzer eine würdevolle Abschiednahme. Der tierische Begleiter soll nicht einfach „entsorgt“, sondern angemessen und pietätvoll bestattet werden.

Auf dem Lande werden Haustiere oftmals noch vom Besitzer selber bestattet. In städtischen Gebieten kommen da eher die Tierbestatter zum Einsatz: Bei der heute dominierenden Feuerbestattung darf die verbleibende Asche ohne rechtliche Vorbehalte mit nach Hause genommen werden. Außerdem kann durch eine Beisetzung auf einem Friedhof, einer Wiese oder in einem Friedwald ein würdevoller Ort geschaffen werden, an dem sich jeder auf seine Weise an seine Liebsten erinnern kann.

Sogar die geschichtsträchtige gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier ist seit Mitte 2015 wieder in Deutschland möglich. Die Bestattungsbranche hat auf die große Nachfrage reagiert und zwischenzeitlich sind bereits einige Mensch-Tier-Friedhöfe etabliert.

Stephanie Tamm

Foto:
pixabay.com/cocoparisienne

Quellen:
http://www.tierbestatter-bundesverband.de/ratgeber/geschichte-der-tierbestattung/
https://www.tasso.net/Newsletter/Newsletterausgaben-lesen/2017/Gemeinsame-Bestattung-von-Mensch-und-Tier

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