Matomo

„Der Tod ist der Horizont des Lebens,
aber der Horizont ist nur das Ende der Sicht.“

Der lange Weg des Abschieds – Trauer vor dem Tod

Wenn ein Mensch gestorben ist, beginnt für die Angehörigen die Zeit der Trauer, zumindest in den Augen ihres Umfelds. Dabei fängt die Herausforderung des Abschiednehmens doch eigentlich schon in der Phase davor an, wenn der nahe Tod das Leben prägt.

Natürlich trifft viele Menschen der Tod plötzlich und unerwartet, und dann sitzt der Schock bei den Angehörigen besonders tief. Weitaus häufiger jedoch gibt es eine mehr oder weniger lange Zeit, in der dem Sterbenden und seiner Familie bewusst ist, dass das Lebensende bevorsteht. Das ist für alle Beteiligten keine leichte Aufgabe, aber dennoch auch eine Chance: Es gilt, die verbleibendenden Tage, Wochen oder Monate so lebenswert wie möglich zu gestalten, wertvolle letzte gemeinsame Zeit zu verbringen und wichtige Fragen zu klären.

Nicht nur für den Sterbenden selbst bedeutet diese Phase eine große psychische Belastung. Auch diejenigen, die ihm auf diesem schweren Weg zur Seite stehen, befinden sich dabei in einer Extremsituation. Trotz der eigenen Trauer um die Unausweichlichkeit des baldigen Abschieds müssen sie Kraft für die Bewältigung des Alltags und für die Pflege des Sterbenden finden. Und sie müssen es aushalten, wenn die letzte Phase des Lebens mit Schmerzen oder auch mit vielen Ängsten verbunden ist.

Deshalb sind kleine Momente der Freude und der Erholung so wichtig, während man einen geliebten Menschen beim Sterben begleitet. Wenn man ein paar Dinge beachtet, ist es durchaus möglich, dieser schweren Zeit auch Positives abzugewinnen und sich nicht zu überfordern. Dabei geht es weder um richtig oder falsch noch um Perfektion, sondern einzig darum, die jeweilige Situation anzunehmen und den Gestaltungsspielraum zu nutzen.

Offenheit und die richtige Unterstützung sind das Wichtigste

Der vielleicht wichtigste Rat in dieser Situation ist es, so viel wie möglich mit dem Sterbenden zu sprechen. Dabei können in offener und vertrauensvoller Atmosphäre wichtige Fragen geklärt werden, etwa von wem sich der Sterbende noch verabschieden möchte, wo er sterben will und was für eine Abschiedsfeier er sich wünscht. Vielen tut es auch gut, die eigenen Gefühle und Gedanken mitzuteilen oder mit der Familie über besondere Erlebnisse und schöne gemeinsame Erinnerungen zu sprechen.

Entscheidend ist es zudem, möglichst viel Zeit füreinander zu haben. Dafür ist es notwendig, sich geeignete Unterstützung von außen zu holen und zum Beispiel alltägliche Pflichten wie putzen, kochen oder einkaufen an freiwillige Helfer oder entsprechende Dienstleister zu delegieren. Wenn es gelingt, sich diesen Freiraum zu schaffen, sind kostbare kleine Auszeiten möglich, in denen man gemeinsam spielen, Musik hören oder sich einfach nur nahe sein kann. Vielleicht gibt es auch noch letzte kleine Wünsche, die man dem Sterbenden erfüllen möchte.

Angehörige, die einen Menschen an seinem Lebensende begleiten, sollten auch auf ihre eigenen Kräfte achten und ihre manchmal widersprüchlichen Gefühle annehmen. Das Abschiednehmen bleibt eine schmerzhafte Erfahrung und gerade die Trauer vor dem Tod ist eine beachtliche Herausforderung. Es gilt, die Balance zu finden zwischen der eigenen Hilflosigkeit und dem Wunsch, dem Sterbenden eine starke Schulter zu sein. Insbesondere wenn jemand nach langer, schwerer Krankheit stirbt, kommt es daher vor, dass die Angehörigen neben der Trauer eine große Erleichterung fühlen, weil das Leiden ein Ende hat. Und weil ihr eigener Schmerz um den Verlust einer geliebten Person mehr in den Vordergrund rückt. Auch dieses Gefühl bedarf keiner Rechtfertigung.

Cathrin Gawlista

Quelle:
http://www.netdoktor.de/palliativmedizin/ein-geliebter-mensch-stirbt-w-13167.html

Foto:
unsplash.com/Tim Marshall

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